2019 wechselte die ADAC Versicherung AG ihren Joint Venture Partner für die Autoversicherung – von Zurich zu Allianz. Und holte sich mit Sassenbach eine neue Lead-Agentur mit ins Boot. Seitdem legte der Bestand um gut 25 Prozent zu. Cash. sprach mit Stefan Daehne, Vertriebsvorstand der ADAC Versicherung AG und Peter Metz, Geschäftsführer der Münchener Werbeagentur Sassenbach Advertising über die Philosophie der ADAC Autoversicherung, das Wechselgeschäft und die Bedeutung einer zugkräftigen, erfolgreichen Kampagne.
Der ADAC hat rund 21,2 Millionen Mitglieder. Wie viele davon haben ihren Wagen bei der ADAC Autoversicherung versichert?
Daehne: Ein Mitglied hat im Schnitt etwas mehr als einen Vertrag bei uns. Und nicht jeder, der bei uns versichert ist, ist auch Mitglied im ADAC. Wir hatten Ende 2020 875.000 Fahrzeuge versichert. Das sind rund 100.000 mehr als im Vorjahr. Wir sind auch in dieser Saison deutlich gewachsen. (Anmerkung der Redaktion: Die Zahlen für 2021 werden erst Ende April veröffentlicht).
Wie anspruchsvoll ist das Kfz-Wechselgeschäft mittlerweile?
Daehne: Es ist das wettbewerbsintensivste Geschäft des ganzen Jahres. Als erfolgreicher Anbieter braucht man dabei sämtliche analytische und prozessuale Fähigkeiten, um profitabel zu wachsen. Das Jahreswechselgeschäft nimmt in seiner Bedeutung tendenziell ab, weil es immer mehr unterjährige Fälligkeiten gibt. Gleichwohl stellen wir uns nach wie vor dem Wettbewerb in der Wechselsaison – eine Herausforderung, bei der wir jedes Jahr aufs Neue etwas dazulernen.
Lassen Sie uns bitte einmal auf den 30. November als Wechseldatum kommen. Warum spielt dieses Datum eine derart wichtige Rolle für die Kfz-Versicherung. Und wie stark ist denn das von Ihnen gerade angesprochene unterjährige Geschäft?
Daehne: Das Verhältnis zwischen end- und unterjährigen Wechseln dürfte etwa bei 50:50 oder 40:60 liegen. Der Versicherungsbeginn wurde früher stets auf den 1. Januar gelegt. Bei einem Monat Kündigungsfrist hat sich dabei der 30. November als Kündigungszeitpunkt herauskristallisiert. Schließlich gibt es auch noch das Sonderkündigungsrecht bei Beitragserhöhungen. Als Versicherer ist es inzwischen in jedem Fall wichtig, auch nach dem 30.11. noch sichtbar zu sein.
2019 war der ADAC von der Zurich zur Allianz gewechselt. Wie hat sich das Geschäft vor dem Hintergrund der Pandemie und dem Wechsel des Versicherungspartners entwickelt?
Daehne: 2019 haben wir die Kooperation mit der Allianz gestartet. Wir sind seitdem sehr erfolgreich und konnten den Bestand um 25 Prozent steigern. Die Kooperation hat sich als Perfect Match erwiesen: Die Allianz bringt die technische Exzellenz ein, im Underwriting, im Pricing, im Schadenmanagement, im Bereich Operations. Und als ADAC haben wir die Mitgliederbasis, die Marke, das Vertriebsmodell und das Vertrauen in unsere Kompetenz in Sachen Mobilität. Wir setzen sehr stark auf ein Omni-Kanal-Vertriebsmodell und haben dabei keine Kanalkonflikte. Bei uns kann der Kunde den Kanal frei wählen und auch wechseln.
In den Lockdown-Zeiten waren die Kfz-Zulassungsstellen geschlossen und die Zahlen bei Neuzulassungen und Umschreibungen rückläufig. Wir sehen auf Google, dass das generische Suchvolumen nach Autoversicherungen und Wechseloptionen in 2021 um 20 Prozent niedriger war, als im Vorjahr. Das bedeutet, der Markt ist insgesamt Träger und etwas kleiner geworden ist.
Umso wichtiger ist es, dass man auf eine sehr gute Agentur zurückgreifen kann, die die Marktsituation versteht: Viele unserer Kunden müssen erst einmal erfahren, dass der ADAC Versicherungen anbietet. Beim ADAC denkt man an die Rettungshubschrauber und die „Gelben Engel“, aber nicht sofort an Versicherungen. Überhaupt sichtbar zu sein, ist in dieser Situation enorm wichtig.
Und wie verteilt sich das Neugeschäft auf die Kanäle?
Daehne: Die Kanäle sind Online, Telefon und stationäres Geschäft, grob zu je einem Drittel. Das kann aber auch sehr dynamisch hin- und herschwanken. Das Wechselgeschäft hat einen höheren Online-Anteil, schon allein, weil die stationären Kapazitäten limitiert sind. Im Lockdown hatten wir gedacht, dass stationäre Geschäft in den Geschäftsstellen würde ausfallen. In der Praxis gab es trotz geschlossener Türen dennoch Geschäft. Was daran lag, dass auch in unseren Geschäftsstellen begonnen wurde, verstärkt zu telefonieren.
Wir haben offensichtlich viele Kunden von anderen Versicherern bekommen, die dort niemanden an die Telefonleitung bekommen oder über die Webseiten ihres Versicherers keine adäquate Unterstützung erhalten haben. Wir profitieren also einerseits von einer starken adac.de und andererseits über die ADAC Regionalclubs von einer verlässlichen Vertriebs-Infrastruktur in der Fläche und am Telefon.
Sie sprachen gerade das wichtige Thema Digitalisierung an. Die Verlinkung der Prozesse, das Weiterreichen von der einen auf die andere Ebene. Dort hapert es immer noch vielen Gesellschaften. Stichwort Medienbrüche. Das scheint bei Ihnen weniger der Fall zu sein?
Daehne: Doch. Und da bin ich sehr ehrlich. Wir sind kein Digital Leader. Aber: Wir haben das Thema Kundenorientierung und Kundenzentrierung konsequent im Blick. Wenn Sie bei uns auf der Webseite ein Angebot berechnen und ein Beratungsangebot wollen und das anklicken, werden sie angerufen. Der Prozess ist auch digital. Ist das das, was Amazon oder Google bauen würden? Nein.
Wichtig ist, dass der Kunde ein vernünftiges Erlebnis auch beim Kanalwechsel hat. Dabei ist das Omni-Kanal-Spiel ein Mannschaftssport: Wir haben das Anreiz-System so gebaut, dass es keine Gewinner oder Verlierer zwischen den Kanälen gibt. Nur so kommt bei den Kunden das Erlebnis an: „Ich kann frei wählen!“
Stichwort Prozesse: Läuft das über den ADAC oder nutzen Sie den technischen Support der Allianz. Die ist ja mit 51 Prozent an ihnen beteiligt?
Daehne: Wir nutzen viele Prozesse der Allianz als Basis, etwa die Antragsstrecke. Sowohl das, was am Front-End unter adac.de zu sehen ist oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Geschäftsstellen sehen. Das technische Modul ist von der Allianz, auch was die so genannten Lead-Prozesse angeht. Das technische Backend und die Middleware stammt von der Allianz. Davor ist aber auch ein ordentlicher Anteil ADAC, etwas das UX-Konzept.
Haben Sie eruieren können, welche Rolle das Marketing bei einem Kfz-Versichererwechsel spielt?
Daehne: Die Kernbotschaften über alle Kanäle auszuspielen, das ist ein Teil des Marketings. Der andere ist, mit einem begrenzten Budget über alle Kanäle hinweg, die richtigen Impulse zu setzen. Und das Zusammenspiel zu orchestrieren: Wir können uns keine umfangreiche TV-Werbung leisten, auch wenn wir mit der Allianz zusammenarbeiten. Da müssen wir anders operieren. Der ADAC hat eine enorme Basis. Die Marke ADAC ist leicht in den Markt zu bringen. Dann folgt die Aufgabe, zu transportieren, dass man ein gutes Produkt und einen guten Preis hat.
Seite 2: Warum Versicherte ihrem Kfz-Versicherer treu bleiben
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